Eine zeitgemäße und effektreiche Inszenierung bei den Salzburger Festspielen 2024
Jedermann, Robert Carsen Inszenierung
Bis zum 31. August steht Salzburg wieder ganz im Zeichen der Salzburger Festspiele. Zweifellos zählen sie zu den weltweit bedeutendsten Festivals der klassischen Musik-Genres.
Insgesamt 172 Aufführungen an15 Spielstätten bieten ein umfangreiches, anspruchsvolles Angebot 2024. Den Auftakt der diesjährigen Salzburger Festspiele machte die Premiere des JEDERMANN in der Neu-Inszenierung des kanadischen Regisseurs Robert Carsen.
Jedermann – das Spiel vom Tod, 2024 effektreich von Robert Carsen inszeniert
Das Premieren-Publikum am 20. Juli sitzt mucks Mäuschen still in den Tribünen-Reihen vor der imposanten Kulisse des Salzburger Doms. Alles scheint in gespannter Erwartung kurz vor Beginn des „JEDERMANN – Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ (Hugo von Hofmannsthal).
In seiner Auftritt Szene fährt Jedermann (Philipp Hochmair) im gold-schillernden Vintage-Cabrio die Bühne hinauf und steigt lässig aus der Luxuskarosse. Und schon ist mit diesem coolen Überraschungseffekt die Begeisterung des Publikums gewonnen. Diesem Auftritt wird mit Szenen-Applaus Tribut gezollt.
Der Regisseur Robert Carsen zeigt einen zeitgemäßen Jedermann, einen reichen Lebemann und seine Geldbesessenheit. Unerbittlich und gnadenlos lässt dieser seinen Schuldner (Arthur Klemt) ins Gefägnis werfen.
Jedermann feiert mit seiner illustren Gesellschaft ausgelassene Partys. Er und seine Buhlin (Deleila Piasko), beide in goldenen Kostümen (Luis F. Carvalho), tanzen einen Tango auf dem Tisch. Sie zelebrieren ein intensives, wildes Leben.
Jedermann und seine Buhlschaft zeigen sich in auffallenden Outfits als attraktives und stimmiges Paar. Trotz textlich kleiner Rolle beweist die anmutige Buhlin starke Präsenz. Philipp Hochmair, der im Laufe der letzten Jahre in verschiedenen Jedermann-Versionen auf diversen Bühnen zu bewundern war, sprang bereits 2018 in der Inszenierung von Michael Sturminger bei den Salzburger Festspielen kurzfristig für den erkrankten Tobias Moretti als Jedermann ein. Nun brilliert er ausdrucksstark unter Robert Carsens Inszenierung und überzeugt in seiner Wandlung vom egoistischen Reichen zum geläuterten Menschen.
Glaubt man anfangs durch Entertainment-Elemente mittels spritziger Choreografie (Rebecca Howell), Disco-Musik, Breakdancern, beschwingter Tanzmusik und Gesangseinlagen des Dicken Vetters (Lukas Vogelsang) sich in einem unterhaltsamen Musical zu befinden? Nicht doch, dieser Schein trügt!
Jedermanns elegante Mutter (Andrea Jonasson) ermahnt ihn zu Buße und Einkehr. – Alles ändert sich! Als der Tod kommt. Die Stimmung wechselt in die Tiefgründigkeit und Moral des eigentlichen Mysterienspiels nachdem die turbulent feiernde Party-Gesellschaft voll Angst und Schrecken davonläuft. Der Tod hat nach Jedermann gerufen. Verschwunden ist nun jede Ausgelassenheit. Jedermann bittet den Tod verzweifelt um eine Frist. Dieser gewährt ihm nur „ein Stündlein“ Aufschub, um Begleiter für seine besondere Reise, dem Sterben, zu finden.
Sein Guter Gesell (Christoph Luser), der in „guten Zeiten“ stets an seiner Seite war, bietet ihm anstatt Beistand, doch lieber Koks an und verlässt ihn. Seine Dienerschaft holt für Jedermanns letzte Reise allen Reichtum hervor, Geldkoffer und Kunstwerke, die sie ins Auto laden.
Doch der Mammon (Kristof Van Boven), Jedermanns Reichtum im goldenen Anzug, will ihn nicht auf dieser letzten Reise begleiten. Er fährt ohne Jedermann mit dem vollbeladenen Cabrio ab. Ebenso die beiden Vettern verweigern ihm ihre Unterstützung.
Die Bühne reduziert sich und Jedermann bleibt alleine zurück. Schließlich nahezu bloß, liegt er armselig und verlassen am Boden. Lumpen werden zu seiner Bekleidung. Nur seine guten Werke (Dörte Lyssewski) und der Glaube (Regine Zimmermann) bleiben an seiner Seite. Der einst reiche Jedermann tut Buße und findet seinen Glauben wieder. Er wird von seinen Sünden reingewaschen und Jedermann verändert sich zu einem geläuterten Menschen bis er schließlich in sein Grab hinabsteigt.
Alle anderen kommen in einheitlichem Weiß gekleidet auf die Bühne zurück. Nun sterben sie ebenso und selbst der Tod legt sich am Ende zu ihnen..
Der Stoff ist kostbar von dem Spiel. Dahinter aber liegt noch viel
Der Tod (Jedermann)
Was bleibt am Schluss? Das ist wohl immer von Neuem die bestimmende Frage bei diesem Stück. – Der Tod betrifft und verbindet uns alle.
Das Publikum ist begeistert, dankt es den Akteuren, dem Regisseur und dem Ensemble mit Standing Ovations und intensivem Applaus – Bravo!
Text/Rezension copyright by Sissi Munz – Foto Credit „Jedermann, Inszenierung Robert Carsen 2024 Salzburg“: copyright by Salzburger Festspiele Monika Rittershaus